Anna Pixner
Der Film ANNA ist Teil der European Outdoor Film Tour 2024
Anna Pixner aus Österreich liebt glatten Asphalt und langgezogene Kurven.
2018 zog sie ein schwerer Unfall für mehrere Monate aus dem Verkehr. Heute steht sie wieder auf dem Brett, aber deswegen ist längst nicht wieder alles so wie früher.
Im Gespräch mit Anna
Über den Sport, ihre Erfahrungen und das Risiko
Wie hat das mit dir und dem Longboarden eigentlich angefangen?
ANNA PIXNER Ich hab mir einfach ein Longboard bestellt und bin damit dann immer hinters Haus auf einem Fahrradweg zum Üben gegangen. So mit Musik im Ohr und nur für mich. Und das hat mich irgendwie total entspannt.
Generell hab ich mich in größeren Gruppen nie wohl gefühlt. In die Schule gehen, das fand ich schrecklich. Das war immer ein totaler Stressfaktor für mich. Aber der Sport war für mich schon ein Ventil. Und dabei habe ich mir eben immer Sportarten ausgesucht, die man nicht in der Gruppe machen muss.
Viele andere Skater:innen drehen ihre ersten Runde im Skatepark. Warum bist du nicht auch dort hin gegangen?
Ich hab das schon immer gehasst, wenn Leute mir zuschauen, wenn ich etwas Neues lerne. Ich wollte einfach generell nie im Mittelpunkt stehen - und im Skatepark hat sich das genauso angefühlt. Damals, also vor zehn Jahren in Innsbruck, da sind ja auch noch nicht so viele Mädels geskatet und das Level war ziemlich hoch. Ich hab zugeschaut und und dachte: Wow, die können das alle schon mega gut. Und wenn man da so aufgekreuzt als einziges Mädel, dann schauen die Jungs einen natürlich alle an. Mittlerweile ist mir das egal, aber damals, mit 15, fand ich das schrecklich.
Du bist mit deinem Longboard auf der ganzen Welt unterwegs. Wie würdest du die Skate-Community beschreiben?
Es fühlt sich auch an wie eine große internationale Familie. Obwohl es gar nicht mal so viele Leute gibt, die den Sport überhaupt betreiben. Aber mir ist das in den letzten Jahren, als ich auf Reisen war, ganz oft passiert, dass ich Leute getroffen habe – in den verschiedensten Ländern – die mich behandelt haben wie ein Familienmitglied. Die haben mich zum Abendessen eingeladen und mir angeboten, bei ihnen auf der Couch zu schlafen. Das ist voll verrückt. Aber umgekehrt macht man das dann selber auch, wenn Leute in deine Stadt kommen.
Inzwischen bringst du auch Kindern und Jugendlichen das Skaten bei. Wie kam es dazu und was möchtest du damit erreichen?
Ich habe auf meinen Reisen gemerkt, dass viele Jugendliche in anderen Ländern viel weniger Möglichkeiten haben als Leute, die in Österreich oder Deutschland aufwachsen. Hier hat man alle Chancen dieser Welt, man kann alle möglichen Sportarten ausprobieren. Woanders haben die Jugendlichen ja ganz oft gar nix, kein Geld, um sich irgendwas zu kaufen. Sportanlagen gibt es auch nicht. Kinder und Jugendliche in so frustrierenden Situationen geraden schnell mal auf die schiefe Bahn.
Für mich ist Skaten ein Ventil, um destruktive Energien in etwas Positives umzuwandeln. Und es muss ja auch nicht gleich Downhill-Skaten sein. Oft bringe ich denen dann auch nur bei, wie sie auf flacher Ebene pushen und bremsen können. Und allein das vermittelt dann schon ein Freiheitsgefühl. Sie haben dann etwas, womit sie kreativ sein können – auf vier Rädern.
Geschwindigkeit, Spaß und Risiko liegen beim Downhill-Longboarden eng beieinander. Wie kann man den Sport trotzdem so sicher wie möglich betreiben?
Ich glaube, beim Downhill-Longboarden ist es besser, dass man sich langsam steigert und nicht gleich schon am Anfang zu viel Selbstsicherheit aufbaut. Denn wenn man erstmal gelernt hat, wie man slidet und wie man bremst, dann fühlt sich das ja sehr kontrolliert an – vielleicht wie auf einem Fahrrad, das ja auch Bremsen hat - und man denkt: Okay, ich kann schnell fahren!
Aber dabei vergisst man schnell, dass es ganz viele andere Faktoren gibt, die da mit reinspielen - dass zum Beispiel irgendwas auf der Straße liegt oder dass ein Auto kommt. An diese Dinge denkt man nur, je länger man den Sport betreibt, und mehr gesehen und erlebt hat. Und deshalb dauert es schon einige Jahre, bis man wirklich sicher irgendwo schnell runterfahren kann.
Bei offiziellen Downhill-Longboard-Wettbewerben werden die Straßen abgesperrt. Ansonsten heißt es: Aufmerksam im regulären Verkehr mitfahren und Funkgeräte zur Absprache nutzen.
2018 hattest du einen schweren Unfall und hast selbst erlebt, wie es ist, wenn man sich nur für einen Moment überschätzt. Wie ging es dir nach diesem Erlebnis?
Ich hatte eine Zeit lang eine ziemlich depressive Phase. Wenn man dann plötzlich einfach nur rumliegt und die ganzen Endorphine nicht bekommt, die sonst immer durch die Bewegung ausgeschüttet werden, dann ist das auch für den Körper ein totaler Schock.
Wie bist du mit dieser ungewohnten Situation umgegangen?
Mir hat es total geholfen über meine Gefühle, den ganzen Prozess und auch über den Unfall selbst zu schreiben. Außerdem habe ich mich zu der Zeit sehr stark in das Thema Sportpsychologie eingelesen. Die ganze Theorie, warum ich mich gerade so fühle, wie ich mich fühle. Es tat gut, sich das Ganze erklären zu können.
Wie war es danach, wieder auf dem Brett zu stehen?
Das war schon ziemlich schwierig, gerade im ersten Jahr. Ich war total motiviert und auch voll happy, dass ich mich wieder bewegen kann. Aber dann habe ich Panikattacken bekommen, wenn ich mich einfach nur aufs Brett gestellt habe. Oder in bestimmten Situationen, wenn da zum Beispiel Leitplanken waren. Dann hatte ich das Gefühl, dass ich nicht mehr atmen kann.
Letztendlich habe ich dann eine Therapie gemacht. Ich musste dieses Trauma erstmal verarbeiten. Wenn man so einen Unfall hatte, bei dem man hätte sterben können, dann fragt man sich ja schon: Warum mache ich sowas überhaupt - freiwillig?
Was hast du aus dieser Erfahrung gelernt?
Auf jeden Fall habe ich gelernt, dass ich das Ganze für mich machen muss. Und das war schon eine sehr hilfreiche Erkenntnis. Also, dass ich mir selber keine extremen Ziele setzen muss, sondern dass es darum geht, dabei Spaß zu haben. Und je mehr Spaß ich dabei habe, desto besser fahre ich dann auch.
Man muss über vielen Dingen drüberstehen, um das Risiko zu minimieren.
Bist du heute weniger risikobereit als früher?
Seit dem Unfall habe ich zumindest das Gefühl, dass sich das Longboarden für mich weniger riskant anfühlt. Weil ich mittlerweile ein besseres Gespür dafür habe, ob’s jetzt wirklich ein großes Risiko ist, oder einfach nur verrückt.
Ich glaube, je länger man das macht, desto besser kann man auf die Warnsignale hören und auch einfach mal sagen: Das mache ich jetzt nicht. Mittlerweile ist es mir egal, ob es blöd aussieht, wenn ich irgendwo mega langsam runterfahre. Meistens sind es nämlich die externen Faktoren, die den Sport riskanter machen. Entweder ist es der Druck in einem Rennen, dass man meint, man müsse da jetzt voll über seine Grenzen gehen, oder beim Filmen. Dass man denkt, man muss sich jetzt selbst irgendwas beweisen.
Man muss einfach über vielen Dingen drüberstehen, um das Risiko zu minimieren. Das habe ich leider auf die harte Tour gelernt.
Vielen Dank für das Gespräch!
Über Anna
kommt aus Innsbruck und begann im Alter von 15 Jahren mit dem Longboarden. Anstatt im Skatepark übte sie lieber auf dem Radweg hinterm Haus und tastete sich langsam an immer längere Abfahrten heran - nicht nur in Österreich, sondern auf der ganzen Welt. Sie will Kindern, vor allem Mädchen, den Skatesport näherbringen und geht auch gerne mal surfen, wenn's ihr auf der Straße zu heiß wird.
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